Feuergesicht

von Marius von Mayenburg

Eine Koproduktion mit dem Landestheater Bregenz

„Wir müssen brennen und uns verschleudern… solange einer noch brennt, lebt er.“
Feuergesicht eine Familiengeschichte; da sind die Jugendlichen in ihrer Pubertät die ihr Erwachsenwerden als existenzielle Erniedrigung erleben und keine Perspektiven sehen, und da sind die Eltern, deren verzweifelte und wohlmeinende Versuche Verständnis zu zeigen, Kontakt herzustellen, bei ihren Kindern auf unversöhnlichen Widerstand stossen. Ein Flächenbrand der sexuellen Gefühle, der Identitätssuche – ein Sog der Gewalt und Sprachlosigkeit.

Premiere: 25.Jänner 2003, Landestheater Vorarlberg
Feldkirch-Premiere: 05. Februar 2003, Hallenbad Feldkirch

Regie: Nika Sommeregger
Es spielen: Anika Pinter, Martina Spitzer, Dietmar Nigsch, Eckhart Schöneck, Markus Schramm
Bühne/Kostüme: Wolf Dieter Pfaundler
Dramaturgie: Renate Aichinger
Regieassistenz: Stephan Pfister

Pressestimmen

Holz brennt eben gut
Brandherd Familie: Projekt- und Landestheater spielen „Feuergesicht“

Vor rund vier Jahren war Marius von Mayenburgs „Feuergesicht“ die Newcomer-Sensation auf deutschen Bühnen. Das Abfackel-Drama lief nun als Koproduktion von Projekt- und Landestheater auf der Bregenzer Probebühne an.

Christa Dietrich
Vorarlberger Nachrichten, 27.01.2003

Das Foyer leuchtet tiefrot, als ob Kurt, orientierungsloser Spund einer Durchschnitts -Kleinfamilie, auch hier gezündelt hätte. Die Bühnen (Wolf Dieter Pfaundler) gleicht einem Holzschiff. Untergehen wird es. Holz brennt eben gut.

Sehnsüchte formulieren
Die Erklärung für die Gewaltbereitschaft junger Menschen liefert der junge Autor nicht. Das wäre auch zu vermessen. Er liefert auch keine Perspektiven und nur ein wenig Psychologie. Marius von Mavenburg kann aber brenzlig dicht Situationen entwerfen und jene Themen , die die Literatur immer schon nährte – etwa Lebensekel, Ängste und Sehnsüchte -, neu formulieren.

„So lange einer verbrennt…“
Erwartungsgemäß wird die Familie als Auslaufmodell skizziert, selbst wenn es ich bei den Eltern um einst infizierte 68er handelt, die das „Lass uns miteinander darüber reden“ noch nicht ganz verlernt haben – allerdings bei ihrer im Ablösungsprozess befindlichen Brut (Olga und Kurt) damit nicht ankommen. Die Konflikterkennung und Bewältigung ist irgendwo im Ehealltag, in dem Sex gerade noch zum Spannungsabbau taugt und die Boulevard-Medien die Gesprächsthemen liefern, verkümmert. Je größer die Kluft zwischen Kindern und Eltern wird, umso näher kommen sich Bruder und Schwester. An diese Nähe scheitert schließlich auch die Freundschaft Olgas zu Paul.
„Solange einer verbrennt, lebt er“ , sagt Kurt. Doch die positiven Lebensfaktoren – die Umwandlung von Energie in Wärme – kippen ins Negative. Kurt zündelt weiter -bis zum fatalen Ende…

Überzeichnung
Der Überzeichnung im Debüt-Stück des auch nach weiteren Arbeiten immer noch hoch gehandelten Marius von Mayenburg ist die Regie (etwa auch bei der Uraufführung in den Münchner Kammerspielen) meist durch weitere Überhöhung beigekommen.

Reißbretttheater
Nika Sommeregger gewichtet den hier gestrafften Text nicht unbedingt neu, überhöht aber wenig. Die Zusammenarbeit von Projekt- und Landestheater wird zuweilen zum bloßen Reißbretttheater. Das korrespondiert zwar mit der stereotyp vorgetragenen Anteilnahme der Eltern bzw. der Mutter, rückt die Figuren aber auch noch weiter weg. Und damit die Möglichkeit, Konfliktpotenziale konkret auszumachen. Was hängen bleibt, sind aber einige konzentriert ausgearbeitete Einzelszenen, in denen vor allem Anika Pinter und Markus Schramm (Olga und Kurt), aber auch Paul (Eckart Schönbeck) und die Elter (Martina Spitzer und Dietmar Nigsch) anregende Farbpunkte auf den öden Holzboden setzen.
Viel Applaus in der voll besetzten Probebühne. Das eigentliche Zielpublikum – Jugendliche – zu erreichen, gelang dem Landestheater auch bei Mithilfe des Projekttheater bei der Premiere noch nicht.
Hier hat man danach getrachtet, sich an einem heißen -Stück nicht die Finger zu verbrennen – doch: junge Leute, das Thema brennt noch du es geht vor alle um euch.

Dominanz der Hilflosigkeit
Die Familie als Katastrophengebiet: Im Theater auf der Probebühne wird derzeit „Feuergesicht“ des jungen Dramatikers Marius von Mayenburg gezeigt.

Brigitte Kompatscher
Neue Vorarlberger Tageszeitung, 28.01.2003

Inmitten des Publikums im streng reduzierten Bühnenbild von Wolf Dieter Pfaundler, das klar die beiden Fronten und den Abgrund in der Mitte widerspiegelt, tragen die Alten und die Jungen ihren oft lauten und harten Kampf aus. Die Frage, wie es so weit kommen konnte, wird nicht gestellt, genauso wenig gibt es Lösungsansätze des Konflikts.
Vielmehr zeigt sich eine fatale Ist- Situation, in der die Sprachlosigkeit zur Tragödie führt.
Weder in den Figuren der Eltern noch in jenen der Kinder ist „das Böse“ angelegt – die Eltern erwecken zumindest den Eindruck, dass sie sich sehr wohl für ihre Kinder interessieren, diese wiederum sehen sich nach deren Liebe und können doch nur noch mit Aggression auf die elterlichen Versuche reagieren. Der Faden ist gekappt. Die Jugendlichen Kurt (Markus Schramm) und Olga (Anika Pinter) antworten darauf mit einer angedeuteten inzestuösen Beziehung – der Vater holt sich seine Wirklichkeit aus der Zeitung, die Mutter unternimmt halbherzige Versuche, eine Basis zum Nachwuchs zu finden. Dietmar Nigsch spielt diesen in einer Gleichgültigkeit verhafteten Vater, der die Katastrophe auch dann nicht sieht, als sie schon unausweichlich ist. Martina Spitzers Spiel als Mutter ist hingegen mehr von Verständnislosigkeit und Hilflosigkeit gegenüber ihren Kindern gekennzeichnet.
Regisseurin Nika Sommeregger zeichnet einsame, verzweifelte und hilflose Figuren in einer klaren, geraden Inszenierung.
Hoffnungslosigkeit und die Wut der Jungen bilden die Oberfläche des Konflikts – Paul (Eckart Schönbeck), Olgas Freund, bricht als Außenstehender in diese abgeschlossene Hölle, aus der es kein Entkommen für die Beteiligten gibt, ein. Aber auch er zieht sich zurück, um am Ende als „Retter“ wiederzukommen.
Anika Pinter liefert als Olga einige tief berührende Momente, die Hilflosigkeit Kurts wird durch das überzeugende Spiel Markus Schramms gut sichtbar.
Die erste Koproduktion zwischen Vorarlberger Landestheater und Projekttheater ist noch einige Male in Bregenz zu sehen und anschließend in Feldkirch.

Drama "Feuergesicht" auf der Probebühne
Feuerteufel“ – die Geschichte einer Durchschnittsfamilie, deren pubertierender Sohn sich zum Feuerteufel entwickelt, ist derzeit in Koproduktion mit dem Projekttheater im Landestheater in Bregenz zu sehen.

ORF Vorarlberg, 26.01.2003

Zündet die Schule an
Kurt war schon immer ein Zündler. Jetzt geht er zu weit, fackelt die Schule ab und verbrennt sich dabei sein Gesicht. Schlimm, meint die Mutter, schließlich ist das Gesicht die Visitenkarte.

Wie eine Qualle
der Junge hat aber schon lange kein Interesse mehr an Menschen, er will wie eine Qualle sein, blind und zu und wer sich nähert, wird verbrannt. So wie die Fabrik und die Kirche und auch so wie seine Schwester Olga, die als einzige Kontakt mit ihm hält – eine mehr als geschwisterliche Beziehung.
Markus Schramm und Anika Pinter zeigen eine durchaus beängstigende Intensität und Bühnenpräsenz, der das Elternpaar Dietmar Nigsch und Martina Spitzer, sowie Eckart Schönbeck als Paul, um nichts nachstehen.
Die Regie für das Stück führte Nika Sommeregger.

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