Frauen. Krieg. Lustspiel

von Thomas Brasch

Ein Theaterspielschlachtfeld für Theater-, Kasperl-, und Kriegsspiel in einem. Im Zentrum des Stücks steht der Mythos Krieg, aus der Perspektive einer Frauenfreund-feindschaft gesehen. Ein absurdes Spiel über die Verschlagenheit von Liebe, Lust und Krieg.

Premiere: 04. Juni 2004, Saumarkttheater Feldkirch
Wien-Premiere: 10.Februar 2015
Gastspiele: 2015/16

Regie: Susanne Lietzow
Es spielen: Maria Hofstätter und Martina Spitzer
Produktionsleitung: Dietmar Nigsch

Pressestimmen

Meine oder deine Wahrheit?
Am Saumarkttheater in Feldkirch hatte am Freitag die neue Projekttheater-Produktion Premiere: „Frauen. Krieg. Lustspiel“ von Thomas Brasch

Der Machtkampf beginnt am Schachbrett. Was sich inhaltlich wie ein belangloses Gespräch über Bauern, Könige und Pferde anhört, erfährt durch Tonfall, Mimik und Gestik der beiden Frauen eine gefährliche Komponente. Da sind zwei Parteien, die an die Grenzen gehen, die einander nichts schenken und jeder Satz mutiert zum existenziellen.

Brigitte Kompatscher
Neue Vorarlberger Tageszeitung, 06.06.2004

Grandiose Frauen
Thomas Braschs „Frauen.Krieg.Lustspiel“, 1988 bei den Wiener Festwochen von George Tabori uraufgeführt, ist eine an zahlreichen Stellen monologisierende Collage, in der in den Kampf zweier Frauen Weltgeschichte hineinmontiert wird. Zentral am Stück sind die Figuren, Handlungen sind zweitrangig. Mit Martina Spitzer und Maria Hofstätter agieren in der Projekttheater-Produktion zwei grandiose Interpretinnen, die von der einfallsreichen Regie von Susanne Lietzow wirkungsvoll geleitet werden.
Klara und Rosa, zwei Wäscherinnen, geraten an die Front, um den Mann der einen zu suchen – als sie ihn finden ist er tot, erschossen im Schützengraben von Verdun 1916. Von den Wirren des Krieges werden sie aber nicht losgelassen, sondern mit hineingezogen. Im Vordergrund aber stehen die zwei verschiedenen Frauen, beste Freundinnen, Hofstätter als sinnlich-unbeschwerte Person, Spitzer als verbitterte, verklemmte. Eifersucht, die teilweise in Gewalt ausartet, ständige subtile Spitzen von beiden Seiten, Dialoge, die zwischen Sarkasmus und Aggression pendeln, zeichnen das Bild eines ernüchternden Zustandes – ganz so, als gelte es den Beweis für Thomas Hobbes` These „homo homini lupus“ (Der Mensch ist des Menschen Wolf) zu erbringen.
Dass dabei die Komik nicht zu kurz kommt, liegt wohl in der Natur der Sache und andererseits an der Regie von Susanne Lietzow, die unter anderem Maria Hofstätter auf dem Tisch ein umwerfend komisches tänzerisches Solo hinlegen lässt oder den Aspekt desTrojanischen Krieges als herrlich amüsantes Puppenspiel einbringt.

Spontaner Applaus
Für den Monolog über das traurige Los eines Soffleurs gab es spontanen Szenenapplaus.
Expressiv und – wohl auch aufgrund der kleinen Bühne – mit der nötigen Intimität sorgten Hofstätter und Spitzer in der schäbigen Wohnzimmerausstattung für großen Jubel. Und großartig sind die beiden Schauspielerinnen auch in jenen Szenen, in denen sie gar nicht sprechen, wo allein ihre Mimik und Gestik ein wuchtiges Paket an Athmosphäre und Gefühlen erzeugen. Sie finden nicht zueinander. Können aber auch nicht voneinander, denn da gibt es immer zwei Wahrheiten: „meine oder deine?“.
Heftigen Applaus, Bravo-Rufe und Jubel für eine begeisternde Produktion.

Weltgeschehen im Nahkampf
Furioses „Frauen. Krieg. Lustspiel“ des Projekttheaters am Feldkircher Saumarkt

Christa Dietrich
Vorarlberger Nachrichten, 09.06.2004

Feldkirch (VN) Über den Humor das tragische Ergebnis menschlicher Entscheidungen zu vermitteln, ist im Allgemeinen der Kunst vorbehalten. Shakespeare war ein Meister darin. Aber auch Gegenwartsautor Thomas Brasch liefert entsprechendes Material.

Zum Beispiel den Schauspielerinnen, die so furios agieren wie Maria Hofstätter und Martina Spitzer vom Projekttheater. Und wenn noch Susanne Lietzow als Regisseurin dazukommt, stimmt der Abend. Auf eineinhalb Stunden gestrafft und auch personell reduziert, erleidet die Sprache Braschs keinerlei Verluste. Sein Spiel, das sich auf Shakespeares „Troilus und Cressida“ bezieht und im Grunde die Verflechtung von großer Politik und intimsten Alltag zum Inhalt hat, wird hier einerseits in schonungsloser Konsequenz aufgenommen, verliert andererseits aber nicht den Witz, der hier ohne Sarkasmus daherkommt. Worum es geht?
Wir erleben in den Kurzszenen Frauen verschiedener Epochen. Vom Mann in die dienende Rolle im Lazarett, im Bordell oder in der Waschstube gedrängt, lassen sie es logischerweise an Solidarität fehlen. Der Nahkampf, der sich daraus entspinnt, wird bei Hofstätter, Spitzer und einer Regie, die humorvolle Zwischentöne blendend beherrscht, zur vielschichtigen Auseinandersetzung – niemals zur Anklage.

Kriegs-Irrsinn im Tams
Umjubelte Projekttheater-Premiere im Alten Hallenbad

Malve Gradinger
Münchner Merkur, 16.03.2005

George Tabori hat das Stück 1988 bei den Wiener Festwochen uraufgeführt, danach sah man es im Münchner Teamtheater und soeben – passend 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs – im Schwabinger Theater am Sozialamt (Tams): „Frauen.Krieg.Lustspiel“, eines von Thomas Braschs bittebösen „Märchen aus Deutschland“, das allerdings genau so auch auf andere Weltgegenden zutrifft. Martina Spitzer und Maria Hofstätter vom Projekttheater Vorarlberg liefern, sicher geführt von Susanne Lietzow, mit Körper-Totaleinsatz und Satirewitz den schlagenden Beweis, dass Theater mit fast nichts auskommen kann. Die Ärmlichkeit des Ersten Weltkriegs: ein zugemüllter Erbteppich, einer jener an Hässlichkeit nicht zu überbietender Katalog-Couchtische, dahinter ein abgerutschter Zweisitzer von indefinitiven Ocker und darauf Spitzer & Hofstätter als das Wäscherinnen-Duo Klara und Rosa. Auf dem Weg zur Front, wo sie Rosas Mann suchen wollen, finden sie ihn tot im Schützengraben – gefallen 1916 bei Verdun -, landen als Helferinnen im Feldlazarett. Rosa wird ins Bordell versetzt und wegen Kindsmord verhaftet. Insgesamt ist das mit zwischenrein geschobener „Troilus-Cressida“-Comic-Paraphrase (hier als putziges Puppenspiel) ein ziemlich verzwickter, auch noch Rollentauschender Text-Sandwich. Aber im herzhaften Zickenkrieg der prüden, bekümmert spitzmausigen, aber auch giftzahnigen Klara und der busenprall Lust-verschenkenden Rosa erleben wir zugleich den Schlachten-Irrsinn der Männer.

Das rechte Maß gefunden: „Frauen. Krieg. Lustspiel“

Der Standard, 15.02.2005

Thomas Braschs maßgeschneidertes Frauen.Krieg.Lustspiel (Uraufführung WienerFestwochen 1988 durch George Tabori) ist ein Stück aus dem Jahrhundert der Völkermorde. In seinem Kern stecken Shakespeares „Troilus und Cressida“, jene zwei aus dem verfeindeten Lagern der Griechen und Trojaner durch das kupplerische Band der Liebe unheilvoll aneinander geketteten. Um dieses Herzstück herum spielen zwei Frauen krieg im Jetzt. Brasch lässt ihn bei einer wohnzimmerlichen Schachpartie beginnen: Maria Hofstätter (Rosa) und Martina Spitzer (Klara) – die eine dralle Dirne, die andere eine bissige Brillenschlange – geraten auf der Couch in einen argen Schachstreit („wasn wasn so gehts aber nich / überhaupt nich gehts so wenns so gehen würde“).
Dann drehen sie den Schlachtfeldsound am Kassettenrecorder an und marschieren am Couchtisch in Richtung Schützengraben, wo Rosas Mann gefallen liegt. Nächste Station: Lazarett, dann: Soldatenpuff für Rosa (siehe Cressida, die sich als Kriegspfand lustvoll an Männer verschenkt).
Den „Troja“-Teil meistert das Projekttheater Vorarlberg in einer famosen Fingerpuppenszene an der Couchlehne. Regisseurin Susanne Lietzow hat vortrefflich Maß angelegt, gewagt und gewonnen. Sie hat das gesamte Spiel auf die zwei Darstellerinnen reduziert und dabei keineswegs den heterogenen Text verloren. Draufgabe: eine Mantafahrerszene und einen veritablen Paso-doble-Einsatz Hofstätters. (afze)

Wo der Frieden tobt
„Frauen. Krieg. Lustspiel“ von Thomas Brasch im Tams

Barbara Teichelmann

Süddeutsche Zeitung, 16.03.2005

Krieg ist Krieg, und Verlieren will gelernt sein. Rosa fegt das Schachbrett vom Tisch, greift nach der Colaflasche und trinkt. Setzt ab, wischt sich den roten Mund. Sie hat gierig getrunken, ihre Augen schwimmen im Wasser. Klara sitzt eingewickelt in einem blauen Bademantel auf dem Sofa und starrt böse vor sich hin, sie war im Begriff zu gewinnen. Jetzt ist das Spiel aus, aber der kampf geht weiter. Klara gegen Rosa, Rosa gegen Klara.
„Frauen.Krieg.Lustspiel“ heißt das Drama von Thomas Brasch, das derzeit in einer Produktion des Projekttheaters Vorarlberg auf der Bühne des Tams-Theaters zu sehen ist. Vergangenheit, Zukunft, Gegenwart, Lüge, Wahn und die Suche nach der Wahrheit; „Wer sind wir und wann?“ fragt Klara, und Martina Spitzer zieht den Bademantel enger um ihre hagere Gestalt. Maria Hofstätter verzieht den Mund und zuckt mit den Schultern, Rosa weiß keine Antwort. Stumm sitzen sie auf dem Sofa, der einen quillt das Leben aus dem Dekolletee, der anderen verdorren die Worte im Mund. Freundschaft, Feindschaft und immer wieder Verrat verbindet diese zwei, in deren gemeinsamem Wohnzimmer der Frieden tobt.
Regisseurin Susanne Lietzow hat das raffinierte Verwirrspiel aus Rückblenden, Rollentausch und Personenwechsel denkbar schlicht in Szene gesetzt, verlässt sich zurecht auf die darstellerische Wucht von Martina Spitzer und Maria Hofstätter. Und es ist eine wahre Freude, diesen Frauen zuzusehen, wie sie geschmeidig in all die Rollen schlüpfen, die ihnen dieses Zwei-Personen-Stück bietet: Frontsoldat, Ehemann, Freundin, Konkurrentin. Man wird selbst dann nicht müde hinzusehen, wenn das Stück sich im letzten Drittel dann doch noch zu einem logischen Schluß hinquälen muß. „Wie geht den Liebe?“ fragt Klara. Das weiß wohl keiner so genau – aber Krieg herrscht nicht nur, wenn geschossen und gestorben wird, das steht fest.

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